1970, im Juli, kam ich auf die "Gutenfels"/DEAQ, sie war nach der "Goldenfels" das zweite Semi-Container -Schiff, das für den zwischenzeitlich von der D.D.G."Hansa" eröffneten Containerdienst vom Mittelmeer nach Amerika eingesetzt wurde. Beide Schiffe wurden später umbenannt in "Atlantica New York" bzw. "Atlantica Montreal". Da es noch nicht überall Container-brücken in den Häfen gab, waren sie mit einem speziellen Schwergutgeschirr ausgerüstet um Container an Land bzw. an Bord zu heben.
Meine Zusammenarbeit mit "Bern Radio" wurde jetzt
intensiver, ausschlaggebend war natürlich vor allem der
finanzielle Aspekt, die Gebühren für Funktelegramme und
Funkgespräche waren wesentlich günstiger. Da aufgrund meines
Hinweises inzwischen auch andere Schiffe der DDG-Hansa den Funkverkehr
über HEB abwickelten, wurde man dort aufmerksam, was zur Folge
hatte, daß der Leiter der Funkstelle, Herr
Geisbühler (links) Hern
Mügge (rechts), Kollegen Peter Klein und mich
zu einem Besuch nach Bern einlud. Es folgten zwei interessante Tage in
Bern, wir besichtigten die Betriebszentrale und die Empfangsstelle in
Riedern. Seefunkdienst in der Schweiz Während des Zweiten Weltkrieges, die Schweiz war wirtschaftlich isoliert, begann man die Schweizer Flagge zur See einzuführen. Schiffe wurden erworben und gechartert. In Basel wurde das Eidgenössische Schiffahrts- und Schiffregisteramt gegründet. Aufgrund eines Vertrages mit der Eidgenossenschaft wurde 1941 die Radio-Schweiz AG mit der Durchführung des Funkdienstes mit den erstmals unter Schweizer Flagge fahrenden Hochseeschiffen (Heimathaven Genua) betraut. Der Funkverkehr erfolgte anfänglich von der Funkstation "Dübendorf" aus und war für die Funker, des während des Krieges brachliegenden Flugsicherungsdienstes, eine willkommene Abwechslung. Dübendorf, hier begann alles Die ersten Versuche mit radiotelegraphischen Verbindungen zwischen Flugzeug und Boden erfolgten schon 1919, allerdings nur in Richtung Flugzeug-Boden. Diese Versuche führten zur Erstellung einer Funkstation auf dem Militärflugplatz Dübendorf. Eine verbesserte Sendeanlage wurde 1921 auf dem Waffenplatz in Kloten erstellt. Mit dem Fortschritt der Technik wurde es möglich, Empfangsanlagen auch an Bord von Flugzeugen zu installieren. Der Funkverkehr beschränkte sich anfänglich auf die Übermittlung von Wettermeldungen. Die Aufgaben der Flugfunkstation Dübendorf wuchsen mit der Entwicklung des Linienverkehrs. 1925 errichtete die Marconi-Gesellschaft die Flugplatzradiostation Basel. 1926 wurde die Station Dübendorf in ein neues Gebäude verlegt und mit modernen Peilanlagen ausgerüstet. Die Radio Schweiz AG übernahm die Wartung der Bordgeräte der Fluggesellschaften Ad Astra, Balair und der Imperial Airways und erteilte den Piloten radiotechnische Instruktionen. 1931 wurde Dübendorf Zentralflugfunkstation der Schweiz. Die Radiotelegraphisten die bisher der Telegraphenanstalt angehört hatten traten zur Radio Schweiz AG über. Bekannt wurde Dübendorf anläßlich des denkwürdigen Stratosphärenfluges von Auguste Piccard am 18. Oktober 1932, während des gesamten Fluges bestand eine Radioverbindung. 1933 kann als das erste eigentliche Blindflugjahr bezeichnet werden, nachdem das ZZ-Verfahren eingeführt worden war. Kurz nach der Einführung widmete man sich bereits dem Studium von Anflügen mit Hilfe von Funkbaken. Nach kurzem Probebetrieb übernahm Ende 1934 die Radio Schweiz AG für die Meteorologische Zentralanstalt den Empfang aller Wettertelegramme die für den Wetterdienst und Flugwetterdienst notwendig waren. Aufgrund des zunehmenden Flugverkehrs und mit ihm der Übergang zum Ganzjahresbetrieb erforderte zusätzliche Fernschreibverbindungen und neue Kurzwellensender- und Empfänger. Der Peilfunkdienst wurde ausgebaut, am 25. Oktober 1936 konnte ein neues Peilgebäude bezogen werden, in dem die erste Luftverkehrskontrollstelle eingerichtet wurde. Mit der Inbetriebnahme moderner Flugzeuge erfolgte schrittweise der Übergang zur Eigennavigation, in Kloten wurde dazu ein Langwellen-Navigations-Funkfeuer errichtet. Der Betrieb der Zentralflugfunk- und Peilstelle Dübendorf wurde von sieben Beamten und einigen Gehilfinnen aufrechterhalten. Die Kriegsereignisse brachten den zivilen Flugverkehr zum Stillstand. Einige Mitarbeiter fuhren als Seefunkoffiziere bei der schweizerischen Hochseeflotte. Dübendorf hatte täglich Funkverbindung mit den Schiffen und wurde so zur ersten Küstenfunkstelle in der Schweiz. 1963 als die Morseverbindungen im Flugsicherungsdienst Zürich eingestellt und der Ausbau der technischen Anlagen notwendig wurde, verlegte man den Seefunkdienst zur Betriebszentrale nach Bern. Dank der technischen Mittel, und dem unermüdlichen Einsatz der Radiotelegraphisten, stieg das Verkehrsvolumen bei der Küstenfunkstelle "Bern Radio"/HEB stark an. Meine Mitarbeit bei "Bern Radio" wird beschlossen. 1971 im Dezember, inzwischen fuhr ich auf der "Atlantica Livorno"/DLCM ,waren wir auf der Fahrt von Marseille nach Barcelona. Nach einem Gespräch über "Bern Radio" unterhielt ich mich noch ein wenig mit Herrn Geisbühler. Gerne würde ich einmal bei HEB arbeiten, nur so aus Interesse, ohne Salair, denn gleichzeitig würde ich in der Schweiz Urlaub machen, hatte ich doch bisher nur den Bahnhof von Zürich auf meinen Durchreisen nach Italien kennengelernt. Herr Geisbühler war einverstanden, Funker waren auch bei ihm Mangelware. Die Wachen bei "Bern Radio" entsprachen denen an Bord der Zone A für Schiffe mit 8 Dienststunden, die erste Wache von 08.00 Uhr UTC bis 10.00 Uhr UTC, die letzte von 20.00 UTC bis 22.00 UTC. In den Pausen wechselten die Berner Funker nur den Raum und arbeiteten zwei Stunden im Landtelegraphiedienst. Da vor allem hier "man power" fehlte, war meine Mitarbeit willkommen. Alle erforderlichen Maßnahmen wurden ergriffen, und im Februar 1972, saß ich im Zug von Flensburg nach Bern. Meine Freude war groß, "Funken ohne Schaukelei"! Den Funkdienst traute ich mir ohne weiteres zu, hatte ich doch schon auf Ceylon bei "Colombo Radio"/4PB meine ersten Erfahrungen gesammelt. Im Koffer lag meine "ETM2". Leider konnte ich sie nicht benutzen. Die Betriebszentrale von "Bern Radio" war nicht sehr groß. Die Telegraphieplätze waren, wenn man hineinkam, links nebeneinander angeordnet. Auf der gegenüberliegenden Seite war der Sprechplatz eingerichtet. Im Gegensatz zu "Norddeich Radio" gab es bei "Bern Radio" keine seperaten Anrufplätze, man suchte selbst auf dem jeweiligen Band die Anruffrequenzen ab. War ein Anruf beantwortet, schaltete man auf die Arbeitsfrequenz und nahm das Telegramm entgegen. Während dieser Zeit war "Bern Radio" nicht hörbereit. Dieses Suchverfahren war von allen Verfahren das Interessanteste, mit der Einführung der Group-Channels gab es für den Funker auf dem Anrufband nur mehr die Möglichkeit, auf sein Rufzeichen zu achten. Die Anrufkanäle sind zwischen 0.4 kHz und 2 kHz breit. Der zu beobachtende Anrufkanal (4, 6, 8, MHz usw v.l.n.r ) wird am Empfänger eingestellt und nach Wahl der Bandbreite und einer außerhalb dieser liegenden Frequenz für den Empfängerüberlagerer in seiner ganzen Breite erfaßt, ohne daß die Abstimmung am Empfänger verändert werden muß. Die group channels sind den einzelnen Ländern nach einem internationalen Verteilungsplan zugeteilt, der gegenseitige Störungen möglichst ausschließen soll. Man konnte, wenn ein wenig Glück dabei ist, mehrere
Schiffe auf einer Frequenz rufen hören. Wie muß es wohl
gewesen sein, als der Verkehr noch groß war. Erstaunlicherweise
wurde bei "Bern Radio" nur mit der Hand aufgenommen,
Schreibmaschinen gab es nicht. Leider ist es mir nie gelungen,
daß "QRY-Verfahren" anzuwenden, gerne hätte ich einmal mehrere Schiffe hintereinander abgearbeitet,
aber so groß war der Verkehr eben nicht. (siehe
Nachtrag) Auf dem 8 MHz-Band war das größte
Verkehrsaufkommen, auf dem 12-MHz-Band hatte man auch gut zu tun. Neben
dem 22-MHz-Platz war das Laufband, empfangene Telegramme wurden hier
zur weiteren Bearbeitung hineingelegt und in einen anderen Raum
befördert. Französische Schiffe nutzten häufig die
Dienste von "Bern Radio", Schweizer Hochsee-Yachten nahmen
ebenfalls am Funkverkehr teil. Ein besonderes Ereignis ist mir in
Erinnerung geblieben. Es gab einige Kollegen, die konnte ich schon an
ihrer Gebeweise erkennen. Es war an einem Abend, ich beobachtete die
Anruffrequenzen im 22-MHz-Band als ein Schiff rief. Es ergab sich
ungefähr folgender Dialog: "HEB de DHGA QTC QSS . . ." "DHGA de HEB r up vvv" "vvv de DHGA vvv" "DHGA de HEB ga Dirk ere QSA4 QRV k Es folgte eine Pause, mein alter Freund Dirk Sachau, der lange mit mir zusammen bei der "Hansa" gefahren war, und ebenfalls aus Flensburg kam, hatte mich gerufen und glaubte wohl nicht richtig gehört zu haben. Ich gab mich zu erkennen und er übermittelte sein Telegramm. Gerade aus Vancouver ausgelaufen hatte er vergeblich versucht "Norddeich Radio" zu erreichen, nun klappte es bei "Norddeich Süd". Die Überraschung war gelungen. Es folgten noch viele schöne Funkverbindungen, interessant für mich war es, festzustellen, wie man die Schiffe aus weit entfernten Seeräumen hört. Gespräche wurden auch von der "France"/FNRR geführt. War "Norddeich Radio" überlastet, führten auch die deutschen Passagierschiffe ihre Gespräche über "Bern Radio".Mit Jürgen Tewer, heute Lehrer an der Schule in Elsfleth, damals auf der "Hamburg" habe ich einige Sprechfunkverbindungen gehabt. Obwohl anfänglich die Koordinaten von HEB, 47° 00’ 52" Nord, 07° 26’ 37" Ost durch kritische Bordfunker immer wieder nachgeprüft wurden, konnte die Funkstelle ihren guten Ruf als wachsame Station nach und nach aufbauen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden z. B. 1944 5700 Telegramme von und nach See vermittelt. Bis 1970 ist der Verkehr auf 17344 Telegramme angestiegen. Am 1. Dezember 1970 wurde bei "Bern Radio" die Einseitenband-Telephonie eingeführt. Die Betriebszentrale von HEB befindet sich im Bollwerk-Postgebäude, in der Innenstadt von Bern. Von hier aus werden die Sender und Empfänger fernbedient. Die Sendestelle liegt in Prangins, in der Nähe des Genfer Sees, die Empfangsfunkstelle in Riedern, ca 15 km von Bern entfernt.
Meine Aufenthaltsgenehmigung war auf vier Wochen begrenzt, die letzten 14 Tage kam meine Frau ebenfalls nach Bern. Einige Funker von "Bern Radio" luden uns zu sich nach Hause zum traditionellen Käse-Fondue-Essen ein, interessante Gespräche rundeten die Abende ab. Es waren nicht nur Schweizer die bei "Bern Radio" beschäftigt waren, es gab dort auch einige Inder, die aber die Schweizer Nationalität erhalten hatten. Noch gerne erinnern wir uns beide an diese abwechslungsreiche Zeit in der Schweiz. An meinem letzten Arbeitstag schenkten mir die Berner Kollegen einen wunderbaren Bildband von der Schweiz, mit Widmung, "für die arbeitsreichen Tage bei Bern Radio". Verabschiedet wurde ich auch vom Leiter der Radio Schweiz AG, der mir für meine Arbeit überraschenderweise zweitausend Schweizer Franken überreichte. + Nachtrag von
Mariann Mäder Einiges hatte sich bis zum Zeitpunkt meines
Eintritts (April 1980) schon geändert, vor allem hatte der Verkehr
auch in der Telegrafie ziemlich zugenommen und ich habe Zeiten erlebt,
in denen ich QRY16 (!)
verteilt habe. Zudem wurde es für viele Funker auf den Schiffen
normal, zuzuhören und direkt auf den Arbeitsfrequenzen kurz
anzurufen, wenn wir QRL und HEB somit nicht hörbereit war. An der Telefonie hat sich in den frühen 80er
Jahren auch sehr viel getan: als ich anfing, hatten wir eine QRX-Liste,
Funker konnten sich über Telegrafie oder Telex anmelden, und wenn
ein QRX abgearbeitet war, legte man den Kopfhörer hin und wartete
auf das nächste. Wir waren kaum hörbereit ausserhalb der
Traffic Lists! Und dann hatten wir doch die gloriose Idee, ab und zu
ein QRV in den Äther zu schicken, das bewirkte, dass unsere
QRX-Listen bald aus allen Nähten platzten! Traffic Lists wurden
ausgesendet, aber die halbe Stunde, die danach zum Abwickeln von
Verkehr blieb, reichte schon sehr schnell nicht mehr aus! Wir hatten
also immer viel zu tun. |